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Umbau/Sanierung Wohnhaus A3 – historisches Amtsgericht, Feldberg

Preisträger aus 2016
Kategorie: Belobigung Bausumme bis 1.000.000 €
© Jürgen Holzenleuchter
© Jürgen Holzenleuchter
© Jürgen Holzenleuchter
© Jürgen Holzenleuchter
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© Jürgen Holzenleuchter
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Anschrift

Am Amtsplatz 3 , 17258 Feldberg

Anschrift: Am Amtsplatz 3, 17258 Feldberg
Bauherr: Dr. phil. Thomas und Monica Ehrsam
Planer
Entwurfsverfasser: Thomas Schlutt, Dipl.-Ing. Architekt BDA, Berlin /
wespi de meuron romeo architekten bsa ag, Caviano
Tragwerksplaner: Birgit Hartwig, Dipl.-Ing. Bauingenieurin, Berlin
Fachplaner: Bauphysik / Feuchteschutz – Ingenieurgesellschaft Dr. Apitz mbH, Schwerin
Haustechnik: Ingenieurbüro Mediprojekt GmbH, Neubrandenburg

Bauwerksdaten
Bruttogrundfläche  717 m²
Nettogrundfläche   561 m²
Umbauter Raum      2.950 m3
Planungszeit           03/2013
Bauausführung       05/2014–07/2015

Beurteilung des Preisgerichtes
Das ehemalige Amtsgericht Feldberg befindet sich zwischen Dorfanger und See, gelegen unmittelbar auf einem Geländeversprung. Dadurch ist das historistische Backsteingebäude vom öffentlichen Raum als eingeschossiges, traufständiges Gebäude lesbar, besitzt aber zum See hin ein weiteres, voll nutzbares Geschoss mit ebenerdigem Grundstückszugang. Die äußerlich weitgehend intakte Gebäudehülle täuschte trotz langjährigen Leerstands über gravierende Zerstörungen im Inneren hinweg. Decken und Innenputz waren bereits verloren bzw. entfernt worden, bevor die neuen Eigentümer auf das denkmalgeschützte Gebäude aufmerksam wurden. Das vorhandene Erscheinungsbild der rauen, unverputzten Wandflächen im Innern einerseits und die vergleichsweise gut erhaltenen, angenehm proportionierten Außenfassaden andererseits verstanden die Bauherren und ihre Architekten als den Genius Loci, den es für eine neue Wohnnutzung zu erhalten und in das Sanierungskonzept einzubeziehen galt. Die Gebäudehülle wurde sorgfältig instandgesetzt, ein rückwärtiger Seitenflügel entfernt. Einzige bauliche Nebenanlage auf dem Grundstück ist ein freistehender, mit Cortenstahl verkleideter Kubus neben dem Gebäude, der den einzigen von außen erkennbaren Hinweis auf die architektonische Handschrift bei der Umnutzung des Gebäudes darstellt. Räume gruppieren sich um den zentralen Wohnraum, der beide Ebenen umfasst und miteinander verbindet. Dadurch ergeben sich fließende Raumfolgen in horizontaler und vertikaler Richtung mit vielfältigen Blickbeziehungen und Lichtwirkungen. Der Raumeindruck wird atmosphärisch maßgeblich geprägt durch die reduzierte Materialität der Oberflächen: Auf eine Wiederherstellung und Rekonstruktion nicht mehr vorhandener Putzoberflächen wurde komplett verzichtet; der rohe Mauerwerksverband mit den vorhandenen Spuren und Narben wurde lediglich gefestigt, durch gleichartige Ziegel aus der Region ergänzt und vollständig in diesem Zustand sichtbar belassen.
Nahezu alle Räume sind mit Büchern bestückt – die Bibliothek als Wohnhaus ist das prägende inhaltliche Thema, das seinen architektonischen Ausdruck aus dem raumübergreifenden Dialog zwischen einheitlich schwarz gefärbten Möbeln und rohem Mauerwerk bezieht. Diesem Ansatz ordnen sich sämtliche weitere Einbauten wie z. B. die Innentüren unter, die als Bestandteil des Möblierungskonzeptes in einer den Wänden vorgelagerten Ebene angeordnet sind. Auf spektakuläre Designobjekte und „Hingucker“ wird verzichtet; dennoch mangelt es nicht an erfinderischen Details - so eine überbreite, asymmetrisch aufgehängte Drehtür, die den Übergang vom Eingangs- zum Wohnbereich in Szene setzt, und ein „Bücherturm“ im unteren Geschoss. Diese und weitere Details machen gemeinsam mit reduziertem Materialeinsatz und vielfältigen räumlichen Querbeziehungen die besondere Qualität des Innenraums aus. Der Umgang mit dem Denkmal, die Inszenierung des Fragmentarischen und Zerstörten im Inneren eines historistischen Gebäudes, der völlige Verzicht auf Wiederherstellung der putzberaubten Oberflächen wurden im Preisgericht kontrovers diskutiert. Doch gerade bei der Besichtigung vor Ort und im Gespräch mit Bauherren und Planer wurde deutlich, dass die planerischen Entscheidungen auf einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit dem Vorgefundenen beruhen und die wechselhafte Geschichte des Hauses mit einem eigenen, neuen Thema weiterführen. Oberflächen, Raumwirkungen und Nutzung bilden eine überaus spannungsvolle Einheit von Form und Inhalt. Die Herleitung und Umsetzung des Konzeptes überzeugten das Preisgericht als maßgeschneiderte Lösung für diesen außergewöhnlichen Ort.